Silurische Riffkomplexe auf Gotland
Schematische Darstellung der Entwicklung eines Axelsro-Riffes in den Oberen Visby-Schichten auf Gotland.
(nach Samtleben und Münnecke, 1999)

Im Verlauf der Erdgeschichte kam es mehrfach durch Riffwachstum zur Bildung ausgedehnter und mächtiger Karbonatmassen. Das erste Maximum von Riffbildungen, an denen Korallen einen erheblichen Anteil hatten, liegt im Silur. Frühe ”Riffe”, welche am Beginn des Wenlock die erste Riffperiode einleiten, finden sich - hervorragend aufgeschlossen - an der NW-Küste von Gotland. Die Zusammensetzung dieser Riffe, ihre Struktur und ihre Bildungsbedingungen erlauben Rückschlüsse auf den Beginn der Evolution ”moderner” Korallenriffe.

Gotland wird von etwa 400m mächtigen, überwiegend karbonatischen Sedimenten des Silur (oberes Llandovery - oberes Ludlow; 430-411 Millionen Jahre v.h.) aufgebaut. Die Schichten fallen mit weniger als 1° nach SE; so finden sich die ältesten Schichten der Insel im NW, die jüngsten im Süden. Die Sedimente bestehen aus mikritischen Kalk/Mergel-Wechselfolgen, die mehrfach von komplexen Riffbildungen unterbrochen werden. Sie werden als Ablagerungen in einem flachen, epikontinentalen Meer nahe dem silurischen Äquator gedeutet. Als Ursache für den wiederholten Wechsel zwischen mergeldominierten Abfolgen und riffdominierten Einheiten werden in früheren Arbeiten Meeresspiegeländerungen angenommen. Eine allgemeine Regression, die zu einer allmählichen Verlagerung von küstenparallelen Riffgürteln nach SE geführt hat, soll mehrfach von Transgressionsschüben unterbrochen worden sein. In diesen kamen die Riffbildungen zum Stillstand und es wurden, bedingt durch den höheren Meeresspiegel, überwiegend mergelige Sedimente abgelagert. Untersuchungen der stabilen C-/O-Isotope aus Brachiopodenschalen deuten jedoch daraufhin, dass vor allem paläozeanographisch-klimatische Ursachen für die mehrfachen Wechsel der Sedimentation verantwortlich sind. Die Isotopenuntersuchungen haben ergeben, dass in der Schichten­folge bereits einige Meter unterhalb der Riffbildungen die Isotopenwerte einen raschen Anstieg um mehrere Promille zeigen (Abb. 1). Diese Wechsel sind mit starken Aussterbe­ereignissen bei planktischen (z.B. Graptolithen) und nektonischen Organismen (z.B. Conodontophoriden) verbunden. Als Ursache für die Veränderungen in der Karbonatsedimentation werden Wechsel in der ozeanographischen Zirkula­tion und im Klima angenommen. Die Perioden mit überwiegend mergeligen Ablagerungen werden auf humide, die Zeiten starker Riffbildung auf aride Klimabedingungen zurückgeführt.